Poznań – ein spannendes, wenig entdecktes Kleinod (2)

Auf dem kleinen Markt auf dem Platz Bernardyński in Poznań (Posen) gegenüber der Francis Seraficki Kirche duftet es angenehm nach frischen Kräutern und Blumen. Malgorzata verkauft an ihrem Stand weißen Flieder und zeigt stolz ihre Blumenpracht.

An ihrem Stand auf dem Platz Bernardyński verkauft Malgorzata ihre Blumen.

Sie alle, die Posener*innen, sind liebenswürdig, aufgeschlossen und  sympathisch. Die Menschen bekräftigen die Lust auf einen Besuch ihrer Stadt mit all den touristischen Highlights: Museen, Residenz und Schloss, Dom, Renaissance Rathaus mit einem Mittags-Duell zweier Ziegenböcke, sieben Seen, moderner Architektur und Lukullisches für Genießer.
Einmalig in der Stadt ist die königlich-kaiserlicher Route, zu der das kaiserliche Residenzschlosses mit dem Marmor-Thron Wilhelm II. gehört. In der Preußischen Zeit Posens (1793–1918) wurde das „Posener Kaiserschloss“, im Auftrag des deutschen Kaisers Wilhelm II. in den Jahren von 1905 bis 1913 im neoromanischen Stil erbaut und genutzt. Nach der dunklen Zeit 1939 bis 1945, als „Führerresidenz“ genutzt, residiert hier seit 1996 für alle zugänglich das Kulturzentrum ZAMEK mit Kino und Ausstellungen und einer großen angrenzenden Gartenanlage. Aktuell findet noch bis zum 3. Juli 2022 die größte Gaudi-Ausstellung Europas statt. Unbedingt sehenswert.

Krypto Analytiker

An diesen drei Herren kommt in der polnischen Geschichte Keiner vorbei. Man begegnet ihnen unmittelbar in der Umgebung des Kaiserschlosses gleich mehrfach: Marian Rejewski, Jerzy Różycki und Henryk Zygalski. Die drei polnischen Krypto Analytiker studierten in der benachbarten Universität und erhielten vor dem Haupteingang des Schlosses ein Denkmal. Neben dem Kaiserschloss würdigt das Chiffrenzentrum Enigma

Eingang zum Chiffren Zentrum Enigma.

die Erfindung der drei Kryptologen en Detail. Sie knackten den Code der deutschen Verschlüsselungsmaschine Enigma und dadurch nahm der 2. Weltkrieg einen entscheidend anderen Verlauf. Spannend erzählt wird hier auch die Entwicklungsgeschichte der Geheimsprache, das Codieren und Chiffrieren seit den Ägyptern. Eine epochale Multimedia-Präsentation, auch weil sie die Anfänge in das digitale Zeitalter aufzeigt. Ganz Mutige können sich vor Ort in der Entschlüsselung von geheimen Nachrichten heranwagen. Bei höchster Konzentration sind Erfolgserlebnisse garantiert.

Wie klingt Posen?

Auf der anderen Seite des Schlosses, im ehrwürdigen Gebäude der Preußischen Königlichen Akademie, befindet sich die Posener Universität, benannt nach dem polnischen Nationaldichter Adam Mickiewicz. Zu ihren berühmtesten Absolventen zählen auch die drei Mathematiker und Krypto Analytiker. Überhaupt ist Posen zusätzlich zu seinen königlich kaiserlichen Highlights eine Stadt der Bildung und Musik u.a. mit dem bereits im 18. Jahrhundert bekannten Jesuitenkolleg, heute Sitz der Stadtverwaltung, der Technischen und Medizinische Universität, der Magdalena Abakanowicz University of the Arts und der Musikakademie.

Internationale Festival „Universitas Cantat“ 2022, Posen

Über 100.000 Studenten*innen leben heute zusätzlich zu den über 400.000 Einwohnern in der Stadt und geben ihr eine sehr lebendige und heitere Stimmung. Gerade singt und klingt es in einer beindruckenden musikalischen Vielfalt durch die Aula der AMU (Adam-Mickiewicz-Universität). Im prächtigen Universitätskonzertsaal findet das Finale des Internationale Festival „Universitas Cantat“ statt. Ein hell tönendes Fest mit internationalen Universitäts-Chören, die mit ihrer Musik zwischen den Ländern klangvolle Brücken bauen.

Porta Posnania
Porta Posnania an der Warthe. Ein modernes Museum über die polnische Geschichte auf Multi Media Basis.

Porta Posnania, das Museum Tor von Posen, verbindet mit seiner Brücke über die Warthe den ältesten Stadtteile Posens, Śródka, mit der historischen Dom Insel (Ostrow Tumski). In der Ausstellung sind multimedial und mit faszinierenden Original-Exponaten die Entstehung des polnischen Staates und der Stadt Posen nachvollziehbar. Museum und Dom gehören mit zu der touristischen königlich-kaiserlichen Route, die die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt verbindet. Wenn nicht gerade Priesterweihe zu den Diakonen der Erzdiözese Posen im Dom stattfindet, wie während der Tour am 21. Mai 2022, ist der Besuch der Krypta ein Muss und besonderes Highlight.

Köstliche und regionale Erlebnisse

Aber die Dom Insel bietet auch eine Extraklasse an Kulinarischem mit originaler, polnischer Küche. Kennen Sie Gans-Blutsuppe nach Posener Art mit Nudeln (Poznanska czernina z makaronem)? Nach einigem Zögern ergab die Probe einen etwas süß-säuerlichen Geschmack. Sehr schmackhaft – nach den anfänglichen Vorbehalten. „Es ist ein nahezu vergessene Gericht, das früher nach dem Schlachten arme Leute aßen,“ erklärt Dolemscherin und Stadtführerin Katarzyna Tymek.

Hier erhält das Gericht ein aktuell restauranttaugliches Come back, mit Gewürzen entsprechend veredelt und anstelle Kartoffeln jetzt mit Nudeln serviert. Geht man von dem hohen Eiweiß- und Eisengehalt des Blutes aus, so ist die Suppe auch sehr gesund.
Im stilvoll eingerichtete Restaurant Tumska kommen weitere klassische, regionale Speisen, auch neu interpretiert, auf den Tisch. Z.B. als Vorspeisen: Piroggen mit Kartoffel -Quark Füllung,  Schnittlauchsauce und Röstzwiebeln. Als Hauptgerichtwerden Rinder Rouladen nach Posener Art mit Semmelknödel, Rüben und Meerrettich und als Dessert der hausgemachte Kuchen  angeboten. Eine individuelle, kulinarische Route kann man sich gut persönlich bei der Vielzahl an Posener Restaurants zusammenstellen.

Wandmalereien im Stadtteil Śródka mit imposanten, historischen Motiven.

Die Stadt wartet mit weiteren Highlights auf: mit der 3 D Wandmalerei im Szeneviertel Śródka,  Theater, Opernhaus, Bibliothek, zwei Zoos, Erholungsgebiet und Aktivsportregion Maltasee, der moderne Glasbrunnen am Freiheits-Quadrat und dem gesamte Komplex Stary Rynek (Altmarkt).

Brovaria-Bierhalle

Die große Lech-Brauerei ist an den Stadttand gezogen, aber direkt am Alten Markt öffnet für Bier-durstige ab 16 Uhr die kleien Brauerei Brovaria.
Kein Bierkeller, nein, hier geht es ein paar Stufen hoch in die „Bierhalle“. In moderner Raumgestaltung repräsentative Fässer und Tanks, die Lust auf das polnische, flüssige Gold machen. Appetit auf das Brauerei-Bier haben hier offensichtlich schon Viele.

Modernes Ambiente in der Bierhalle der Brauerei-Brovaria

Drei Biersorten, auf einem kleinen Holztablett gereicht, können als Appetizer erst einmal probiert werden: ein Pilsner, ein Honigbier und ein Weizen Ale Bier. Das Bessondere: die Biere sind naturtrüb und nicht pasteurisiert. Dazu passt Deftiges aus der Küche u.a. in Brovaria-Bier geschmorten Schweinshaxe und danach Desserts aus eigener Herstellung mit Brovaria-Biersauce.

Frisch eingelegte, polnische Gurken auf dem Markt am Platz Bernardyński, Foto: gab

Vielleicht ist es für einige Bierfreunde gut, dass nach dem Brauereibesuch die Stufen in Richtung nach Hause nach unten gehen.
Schade, dass der kurze Posen-Tripp  seinem Ende zugeht. Am nächsten Morgen noch ein Frühstück von dem reichhaltigen, internalen Büfett im Hotel oder doch lieber ein paar saure Gurken vom Markt?

Posen macht den Abschied nicht leicht. Die Stadt mit ihrer historischen Vielfalt, ihrer Beschaulichkeit und ihren liebenswürdigen Menschen ist einem schon nach drei Tagen lieb geworden. Man fühlt sich angekommen und aufgenommen – einfach wohl. Hier muss man unbedingt wieder hin. Es gibt noch so viel zu sehen und ein Besuch in den legendären Posener Jazz-Clubs fehlt auch noch.
Aber zu der Tour müssen unbedingt Freunde mitkommen.

Siehe auch Posen Teil 1

Die Tour erfolgte auf Einladung des Polnischen Fremdenverkehrsamtes und CTour. 

Artikelfoto: Moderner Glasbrunnen auf dem großzügig gestalteten Platz der Freiheit, im Hintergrund   das Nationalmuseum und das ehemalige Hotel Bazar,
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