Wo der Hotelprospekt zur Kunst wird, zum Hochglanzmagazin ‚Gänsehaut‘, wo Zimmer zur Kunst werden, wo die Küche Kunst ist, wo moderne Malerei, Plastik und Fotografie zum künstlerischen Alltag im Hotelleben werden, wo der Eigentümer einer der angesehensten Sammler der Republik ist und ein bescheidener, hochintelligenter Gastgeber, wo Vergangenheit ( das älteste Gasthaus der Stadt) auf gelebte Moderne (das erste arthotel Salzburgs) trifft , dort ist die „Blauen Gans“. Andreas Gfrerer sieht folgerichtig das Grundschema seines arthotel-Konzepts in der Resonanz der Vergangenheitsschwingungen mit modernen, zeitgenössischen Impulsen. Für ihn wird Resonanz zum Glücksfall, schreibt er in seinem Magazin ‚Gänsehaut‘, wenn Literatur durch ein Wort oder ein Wortgefüge in ihm etwas zum Schwingen bringt, als wenn eine innere Saite angeschlagen wird. Er schreibt: “Ich erlebe sie in der Musik, die eo ipso Resonanz ist, und die sich darüber hinaus auf einer psychischen Ebene im Konzertpublikum überträgt. Ich verstehe die heftigen Reaktionen und das ‚Medienecho‘ auf Kunst im öffentlichen Raum in Salzburg als Resonanz einer in der Bevölkerung vorhandenen Grundfrequenz mit einer von manchen Medien verwendeten Angst-, Neid- und Ausgrenzungsfrequenz“. Wir sind in einer andren Welt, wo ein Hotelprospekt zur geistigen Auseinandersetzung fordert, wo Nachdenken, Ideen, Kunst und Kultur zum gelebten und erlebten Alltag werden. Dazu im Haus Werke renommierter Künstler wie Xenia Hausner, Franz Graf, C.O. Paeffgen, Deutschbauer/Spring, Bazon Brock, Leif Trenkler, Siegfried Anzinger, Pirmin Blum, aber auch Projekte von Absolventen der Hochschule für Bildende Kunst. Plattform für junge Nachwuchstalente. Salzburg ist eben doch immer wieder eine Kunst wert. Die Zimmer sind wunderschöne Inseln im alten, geschichtsträchtigen Architekturmeer, großzügig geschnitten, modern eingerichtet, Individualität und Behaglichkeit. Und dann die Lage: mitten im Zentrum des Weltkulturerbebezirks, gegenüber dem Festspielhaus und nur wenige Häuser von Mozarts Geburtsstätte entfernt. Kunst ist Können, Handwerk, Erfahrung, Fantasie und Kreativität. Grundvoraussetzungen auch für die Kunst des Kochens. Der Einstieg ein Risiko: eine fast mediterrane Terrasse vor dem Haus am Herbert von Karajan Platz neben der Universität, dem Festspielhaus und der spektakulären Mönchsbergwand. Bei so viel Geschichte und Klassik musste der Klassiker der österreichischen Küche her, das Wiener Schnitzel mit Kartoffel-Gurkensalat und um noch eins draufzusetzen, ein Schnitzel Wiener Art, also vom Schwein. Was dann kam war ungewöhnlich gut: das Fleisch nicht hauchdünn ausgewälzt, sondern genau die richtige genussvolle Stärke, eine Geschmacksexplosion, wo Schweine so schmecken, muss man sich niederlassen, das Ganze in einer leicht krossen, goldgelben, federleichten Suchtpanade, der Salat ein Musterbeispiel an Frische und Geschmack und dazu ein offener Grüner Veltliner von bemerkenswerter Qualität. Überraschung, Zufriedenheit und Vorfreude auf den Abend, auf die Begegnung mit einigen Werken des Küchenchefs Marius Kneyder. Der Nordrheinwestfale, jung, aufgeschlossen, selbstbewusst, mit Haaren die in alle Windrichtungen stehen. Ein Zeichen seiner Wanderlust: Familie Stromberg in Waltrop, mit Sohn Holger, heute besternt und Koch der Fußballnationalmannschaft, zieht er durch die deutschen Lande, dann Zell am See, München, Kaprun, Salzburg und seit dem 1. November 2010 in der ‚Blauen Gans‘ – ein Glücksfall für das Haus. Ein gebeizter Saibling mit Gurke und Sauerrahm ist wieder gekonnte Regionalität, der Saibling perfekt gegart, ein Geschmack, wie ihn nur glasklares, sauberes Bergwasser ermöglicht, der Sauerrahm als kleine Espuma-Spielwiese und eine Gurke ist hier wirklich eine Gurke und die hat Geschmack. Eine Jakobsmuschel suchte sich Fenchel und Zitronenravioli als Begleiter. Die Muschel, zart und schmelzend, die Ravioli ein guter ergänzender, frischer Geschmacksträger, die Füllung ein Hauch zu intensiv und wenn die Fenchelscheibe, auf der sich die Muschel mediterran sonnte, nicht nackte Rohheit zeigte, sondern leicht angedünstet, wäre es perfekt. Dann der Trommelwirbel: Carpaccio vom Kalbskopf mit gebackenen Weinbergschnecken, ein Salatbouquet im Kartoffelkorb und eine Birnen-Linsenvinaigrette. Die Region jubelt: ein Kalbskopf elegant, leicht und ausdrucksstark im Geschmack, die Schnecken, versteckt in krossem Teig ein Tüpfelchen auf dem i und die Linsenvinaigrette: harmonischer Begleiter. Seine Handschrift offenbart sich perfekt: klassisch, stark regional orientiert mit einem Hauch Internationalität und Experimentierfreude. Gerade beim Hauptgang wird das noch einmal bestätigt: die Elemente: Kaninchen (Region), Heu aus dem Pinzgau, Salbei und Rosmarin (mediterran), Kakao (Experiment). Das kleine Kunstwerk als großes Ganzes: Kaninchenfilet in Kakao gebraten, mit Sellerie Püree, Rosmarinschaum, einer Pinzgauer Heumilchmousse, Schalotten-Thymiansauce, und einem Steinpilz als Unterlage für das Kaninchen. 8 Elemente, eigentlich der helle Wahnsinn, wenn dann aber doch alles zusammenpasst und die einzelnen Teilelemente sich geschmacklich zu einem Ganzen vereinen, dann ist die Mozartkugel neu erfunden. Der Küchenmaestro zwischen Mozart und Karajan, zwischen Klassik und Moderne. Marius Kneyder ist ein Küchenzauberer in einem Gesamtkunstwerk.
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