Ein Balletttraum – „Ein Sommernachtstraum“ in Berlin

Das Publikum war begeistert und feierte das Corps des Staatsballetts Berlin zur Premiere des „Sommernachtstraum“ mit stürmischem Applaus. Die Shakespeare-Komödie wird seit 400 Jahren auf den Bühnen der Welt gespielt, und das erfolgreich, wie jetzt hier die Ballett-Inszenierung von Edward Clug. „In diesem Fall (Sommernachstraum, d.Red.) erleben wir jedoch den Konflikt zwischen dem Verlangen, geliebt zu werden, und der Frustration und erwiderte Liebe. Shakespeare verwirrt seine Figuren mit großer Meisterschaft, stürzt sie ins Chaos, bevor er am Ende die Harmonie wiederherstellt. Dass es für das Publikum eine äußerst vielschichtige und unterhaltsame Erfahrung, und mein Ziel ist es, ihre Erwartungen mit unerwarteter Lösung zu überraschen“, antwortet Clug, künstlerischer Leiter des slowenischen Nationalballetts in Maribor, auf die Frage, wie er die Choreographie einer Geschichte ohne Worte gestaltet.

Irrungen und Wirrungen im Zauberwald

SBB Sommernachtstrau, Titania (Weronika Frodyma) und Oberon (Cohen Aitchison-Dugas), Foto: YanRevazov

Ca. zwei Stunden immer wieder zeigt Clug gelungene Überraschungen, die die Irrungen und Wirrungen des Stücks zwischen den Akteuren tänzerisch dramatisieren und wieder harmonisch auflösen. Das alles perfekt im Dialog mit der Musik von Milko Laza. Choreograph und sein ebenfalls aus Slowenien stammender Komponist arbeiten seit 2008, dem Ballett Prêt-à-Porter zusammen. Insgesamt sind es bis heute 22 gemeinsame Ballettchoreographien. Die Zusammenarbeit von Choreograph Komponist und hat über die Zeit „eine einzigartige musikalische Sprache hervorgebracht“.  Man sollte die Geschichte der Verzauberung und Verwechslungen kennen. Wissen, was sich alles in dem verzauberten Wald mit Theseus und Oberon (Beide von Cohen Aitchison-Dugas getanzt) und Hippolyta und Titania (Beide tanzt Weronika Frodyma), Helena (Danielle Muir), Demetrius (Matthew Knight), Hermia (Riho Sakamoto) und Lysander (Kalle Wigle) begibt, um einerseits in das Komödienhafte andererseits in die Tiefe der Liebs– und Gefühlswelt der Athene*innen einzutauchen. Und was ist die Ursache? Der Schabernack von Puck, mit seinem Blütenstaub Gefühle zu lancieren, dass das ganze Durcheinander zwischen den Akteur*innen schafft. Besonders Leroy Mokgatle verkörpert einen Puck, der durch sein glaubhaft dargestelltes, schalkhaftes Wesen, seine akrobatischen Phänomene und letztendlich immer anmutigen Bewegungen nicht hätte besser besetzt werden können. Er erhält Extra-Applaus – nicht nur zum Schluss.

SBB Sommernachtstraum, Cohen Aitchison-Dugas (Oberon), Leroy Mokgatle (Puck), Foto: Yan Revazov
Elfenwelt, Zauber und Schabernack

Da bewegen sich die Elfen von Titania: Erbsenblüte (Emma Antrobus), Spinnweb( Shaked Heller), Motte (Anthony Tette), Senfsamen (Fiona McGee) sowie Oberons Elfen, der  Hirschkäfer (Eloise Sacilotto), die Gitterwanze (Vivian Assal Koohnavard), Der Schmetterling (Georg Susman) und die Libelle (Gustavo Chalub harmonisch, dann aufgescheucht durch die Wirrungen der Liebesleute im Zauberwald.  Den eigentlichen Zauberwald gibt es im Bühnenbild (Marko Japelj) nicht. Das reduziert Bühnenbild – „A Beach near Athen“ ist anfangs zu lesen – dominiert mit einem zentral positionierten Lavastein, der zum Mittelpunkt des Geschehens wird. 30 Elfen kommen auf die Bühne, aus der Luft, und assoziieren durch ihre anmutigen, gymnastischen und tänzerischen Bewegungen sowie außergewöhnlichen pinkfarbenen Kostüme Pflanzen und Blätter. Die Crew des Staatsballett Berlin hat in seiner Vielzahl nochmals einen imposanten Auftritt mit klingenden Eimern, wenn die Hochzeit nach all dem Liebesdurcheinander der Paare vollzogen wird.
Zum Schmunzeln aber vorab der Auftritt der Handwerker, die als Geschenk ein Theaterstück zu Ehren von Braut und Bräutigam aufführen wollen. Komik und Slapstick lockern die Verzauberungsdramatik auf. Aber auch hier kommt Puck mit seinem Zauber ins Spiel und sorgt für ein Liebesdurcheinander, wenn sich Titania in den Handwerker Nick Bottom (Roos Martinson) verliebt. Zum guten Schluss erlöst Oberon seine Titania von Pucks Zauber und für Hippolyta und Theseus, Lysander und Hermia, Demetrius und Helena läuten die Hochzeitsglocken.

SBB Sommernachtstraum, Elfen mit der schlafenden Titania (Weronika Frodyma), Foto:Yan_Revazov_

Eine unbedingt ansehenswerte Ballett-Uraufführung von Edward Clug. Die inhaltlichen Irrungen und Wirrungen werden begleitet von Milko Laza musikalischen Feinsinnigkeit, modern und jazzig ebenso wie romantisch und klassisch und manchmal sogar von einer Stille, die nicht im geringsten stört und noch mehr die Aufmerksamkeit auf die tänzerischen Höchstleistungen des Staatsballetts Berlin fokussiert.

Programmheft, Foto: eub

Ein Sommernachtstraum

Ballett von Edward Clug nach William Shakespeare 
Musik Milko Lazar (Auftragswerk) 
Bühne: Marko Japelj 
Kostüme: Leo Kulaš 
Licht: Tomaž Premzl ideo: Rok Predin
Dramaturgie: Edward Clug, Katja Wiegand 
Musikalische Leitung Victorien Vanoosten 
Orchester der Deutschen Oper
Tänzer*innen des Staatsballetts Berlin (SSB)
Uraufführung: 21. Februar 2025, 19.30 Uhr
Weitere Aufführungen in der Deutsche Oper Berlin
1.| 9. | 10. | 30. März 2025 
21. | 28. Mai 2025 

Artikelfoto: SBB Sommernachtstrau, Aitchison, Frodyma, Foto: Yan Revazov