Wenn die Webseite noch immer von ‚Geheimtipp‘ spricht, spiegelt sie nicht mehr die Realität. Das kulinarische Schmuckstück von Robert Granitzer in Bad Hofgastein kann sich nicht mehr verstecken oder Understatement betreiben, 14 Hauben im Gault Millau sprechen eine deutliche Sprache: sehr gute Küche, die mehr als das Alltägliche bietet. Also: auf ins Gasthof-Getümmel. Schon mittags sehr gut besucht. Die Karte zeigt den Weg: Region pur. Kalbskopf, Krebse, Milchlammbeuscherl, Styria Bio Ochs, Rauriser Hirsch, Gasteiner Bauernschwein, Pongauer Kalb.
Die Gaststube hell, freundlich, licht und leicht, der Service von unschlagbarer Freundlichkeit. Kleine Portionen – kein Problem. Und so kann eine interessante, ausdrucksstarke Gaumenreise beginnen.
Tatar vom Gasteiner Jungstier mit Wachtelei
Ein sensationelles Fleisch. So stark, so kräftig, so würzig, so voll, so ausdrucksstark. Würze ist unnötig, das Fleisch spricht für sich, für die Region, für die Küche. Das Tatar tummelt sich auf einem gerösteten Hauserdäpfelbrot, perfekte Unterlage, geschmacklich ein guter Begleiter für das Fleisch, ohne seine Eigenständigkeit zu verändern. Dazu schmelzende Krencanelloni , ein Aromakick am Gaumen, das Wachtel ein guter Zuspieler, ergänzt durch einen vor Frische strotzenden grünen Salat und dazu die leichte Nussigkeit des Feldsalats – ohne sandige Knirsche.
Gebratener Pinzgauer Alpenlachs, Szegediner Kraut, gefüllte Ofenerdäpfel
Ein leichter Schwächeanfall. Der Lachs ist ohne Zweifel ein hervorragendes Produkt, gut im Geschmack, aber: er klebt. Also ein untrügliches Zeichen einer zu langen Garzeit. Das Kraut : ein Renner. Die Kartoffel etwas blässlich im Geschmack. Gute Geschmackskomponenten durch Sauerrahm und Schnittlauch. Ein Bärlauchblatt in Tempurateig- für mich eine unnütze Spielerei, die nicht ins Küchenstilbild passt – der Sinn erschließt sich nicht.
Brat’l vom Angertaler Lamm (Schlögel und Schulter ) Gemüse und Erdäpfel
Das Fleisch ist schon mal wieder einen Umweg wert. Eine unschlagbare Qualität, eine wunderbare Geschmacksfülle. Verschiedene Konsistenzen lassen die Geschmacksknospen tanzen: die Skala reicht von butterzart bis bissfest. Welche Geschmacksvariationen innerhalb eines Tieres möglich sind, hier spürt man es, hier lernt man es. Die Begleitmusik setzt auf volle Harmonie: gut geröstete Kartoffel (hier die Geschmacksvariante der Kartoffel), das Gemüse ( Zucchini, gelbe und rote Rüb’n, grüne Bohnen, Blumenkohl) genau auf den Punkt gegart, Biss und Geschmack jubeln wieder. Ein hübscher optischer Effekt: der gute Apfel- Radisalat im Filouteigbeutel.
Robert Granitzer kocht gradlinig, zielstrebig, auf das Produkt konzentriert. Keine Überlagerungen, kein neumodischer Firlefanz – das Produkt steht immer im Mittelpunkt, darf mit seiner Textur, seiner Konsistenz, seinem Geschmack auftrumpfen. Das alles schafft nur ein wirklich guter Küchenchef.