Auszug aus der Reportage von Jürgen Schiller ‚Max 100‘ das Deutsche Theater in Berlin Deutschlandradio Kultur 26.12. 2005
Regie Take 22 (Fortsetzung Theaterrundgang mit Barbara Schnitzler( hin zu ihrer Garderobe und der Garderobe ihrer Mutter, Inge Keller)/ direkt daran: Inge Keller
Regie Take 23 Inge Keller
Keller: das ist ein Glücksgefühl für mich, denn was gibt es Wesentlicheres für einen Schauspieler, wenn er die Stafette weiterreichen kann – und ich kann die Stafette in gute Hände geben, bei meiner Tochter – das ist ein großes Glück und ich bin sehr, sehr froh, dass sie sich hier in meiner Garderobe, in der ich 55 Jahre sitze, diese Garderobe selber sich erobert hat, das macht mich glücklich
Schi Inge Keller, die große alte Dame des deutschsprachigen Theaters. In der Garderobe nach einer Max Reinhardt Matinee. Jubelstürme – das Publikum springt auf, wie elektrisiert. Tränen bei manchen, Emotionen pur. Sprache als Ausdruck der Verständlichkeit. Keine Selbstverständlichkeit mehr im Theater heute.
Regie Take 24 Keller ( Sprache)
ich glaube das Nichtwissen darum was Sprache auf der Bühne in der Figur, die man zu spielen hat, was für einen hohen Wert Sprache hat, was man mit Sprache alles anfangen kann, wie Sprache den Geist in Bewegung setzt und die Texte runter gehen zu dem Zuschauer, so dass er sie auch wirklich versteht, das wissen sie nicht und ich glaube sie wissen es nicht, weil die Sprache von den Regisseuren nicht mehr gefordert wird.
Schi Inge Keller ist abgespannt. Das war eine große Kraftanstrengung. Das Gesicht aber wirkt nicht müde, fesselt, fasziniert. Die Augen: klar, kraftvoll lebendig – sie trägt schwarz, weiße Bluse, schwarze Fliege. Seit 55 Jahren am Deutschen Theater.
Regie Take 25 Keller ( DT)
ich staune über mein langes, langes Leben, staune und ich bin dankbar, dass ich noch arbeiten kann, dass ich noch gebraucht werde – und wissen sie, was so schön ist: wenn ich auf meiner Wolke sitze im Theaterhimmel , ganz gewiss, das wird mich froh machen – ich bleibe hier im Deutschen Theater. Ich bin, als Thomas Langhoff hier Intendant war, hat er mich auf die Tafel der Ehrenmitglieder bringen lassen, das heißt, ich bleibe immer hier – und das ist ein wunderbarer Gedanke.
Schi Immer hier bleiben, ein zartes Leuchten geht über ihr Gesicht, Melancholie, wie ein feiner Nebel. Die Stille der Nachdenklichkeit ist greifbar. Ein Theaterwunder: hier hört man die Stille, die Stille der Nachdenklichkeit, der Phantasie, aber auch in der Stille eine ungeheure Neugier, die Inge Keller nicht verlässt.
Regie Take 26 Keller (Neugier)
Neugier ist ganz entscheidend, also der Einstein sagt: niemals aufhören zu fragen – toller Satz – also ich kann ihnen sagen, ich habe so manchen mit meinen Fragen in tiefste Verlegenheit gebracht und das hat mich nicht gestört, aber die Partner hat es oft sehr, sehr gestört. Also ich renne immer hinterher zu erfahren, zu erfahren, zu lernen, zu lernen. Also, das ist eine Lust zu lernen. ich glaube, weil es für mich eine Lust ist, die Neugierde, weil sie mich lebendig hält, vielleicht auch jünger hält und weil es ein Spaß ist im Leben, neugierig zu sein.