Schwer, massiv, fett und belastend – die vier Vorurteils-Todsünden über die mallorquinische Küche. Modern, leichter, gesünder und bekömmlicher – die vier Trumpfkarten der gegenwärtigen Küche Mallorcas. Immer mehr Köchinnen und Köchen setzen auf die Trumpfkarte der Region und der Saison und punkten damit gewaltig gegen Vorurteile. Schwer, massiv, fett und belastend – in der Tat: das sind die Gräueltaten deutscher Möchtegernköche: mit Schnitzel aus der Fritteuse, Puffer voller Altöl oder Currywurst der unbekannten Art. Die Insel der modernen Küche trumpft auf mit wunderbaren Gemüsen, hervorragender Fleischqualität, topfrischen Fischen( wenn man weiß, was aus der Region kommt und was aus dem Tiefkühlseebereich) und einer doch immer mehr leichteren Art der Zubereitung – oder hatten wir das manchmal über Jahre nur als belastend empfunden, weil unsere Fast-Food oder Convenience- Küchen versauten Gaumen nichts mehr unterscheiden konnten? Mut zum Risiko lohnt sich immer wieder und dann ist man auf einmal perplex über ein fritto mallorquin, das nicht in schlechtem Öl ertränkt wurde, sondern sich im modernen , leichten , lockeren Gewand präsentiert, mit den allerfeinsten Innereien , Gemüsen und Kartoffeln. Deshalb hier und heute einige Adressen der ungetrübten Art, der bezahlbaren Art. Keine Sterne, kein Schicki Micki, sondern pure Lust am Essvergnügen. Ein kleines ‘Hohe Lied‘ auf die ‚cuina mallorquina‘.
Portixol – ganz dicht bei Palma – wird immer mehr zu einer kleinen, feinen Gourmetadresse.
Ein kleiner Yachthafen, wunderbar zum Sitzen, wunderbar für eine cana oder einen Gin Tonic.
Gerade renoviert das Hotel Portixol ( Calle Sirena,27 – Palma- Portixol), moderne Eleganz, wunderbare Ausblicke auf die Bucht von Palma und die Stadt. Hektik ist ein unbekanntes Wesen, Ursprünglichkeit, Lebensfreude und Lebenslust überall spürbar. Das Innere modern, kühl, streng, manchen Hitzegraden angepasst.Die Küche passt sich dem modernen, sachlichen Stil an.
Gute Produkte der Insel, modern interpretiert, leicht asiatisch manchmal – aber die Insel hat über Jahrhunderte ‚Fremdes‘ erlebt und davon kulturell und gastronomisch profitiert. Asien auf Mallorca, gelungen gut.
Neu: das Antony’s ( c/Llucmayor,1 Portixol). Die Besitzer: eine der bekanntesten Lederwarenfirmen der Insel: Antony´s in Inca. Auch dort ein Lokal, über Inca hinaus bekannt, rustikal, bodenständig. Hier in Portixol die elegante Variante. Alles auf Reisen gesehen oder mitgebracht: Schrank und Leuchter aus Valencia, Trennwände a la New York.
Gute Fleischqualität, der Fisch größtenteils aus Fängen der Region.
Allerdings ist noch viel Feinarbeit nötig, um wirklich gut zu sein. Enttäuschend die Tapas Variationen, uninspiriert, belanglos.
Der Petersfisch bewies schon höhere Qualität, hatte aber auch seinen stolzen Preis:€ 49,50.
Versöhnung mit und bei einem wunderbaren mallorquiner Weißwein, einem Blanc de blancs von Ferrer und für €11,90!!
Zeit für einen kleinen Zwischstop im Freien. Einer der wärmsten Plätze an kühleren Tagen ist das Café ENCO. (Joaquim Fuster 15-Portixol)
Windgeschützt, eine Oase, direkt an der viel befahrenen Straße, aber wen stört das schon in südlichen Gefilden. Blick aufs Meer inbegriffen und ein herrlicher Cappuccino und ein butterstrotzendes taufrisches Croissant.
Auf dem Weg nach Ciudad Jardin
Das Ziel: ein kleines, unscheinbares, flach an das Meer gedrückte Haus: das Restaurant Bungalow.
C/Arrecive N2 Ciudad Jardin
Ein Sommerhäuschen aus den 20er Jahren – damals war Ciudad ein klassisches Sommerreiseziel für viele mallorquinische Familien. Als dann Erweiterungsbauten entstanden, die Strandpromenade geschaffen wurde, verschwanden viele der kleinen Häuser – das Bungalow blieb bestehen, in seiner ursprünglichen Struktur. Heute ein Kleinod der Küche: Kenner sagen: hier gibt es die beste Paella: gemischt, negro, Nudelpaella, mit Gemüse, mit Dorsch und Blumenkohl, als ciega, also geschält und die Königin der Paellas: mit Hummer. Nichts wird vorgekocht. Der Genuss ist vollkommen.
Bei schönem Wetter unbedingt einen Platz an der Sonne reservieren, auf der seitlichen Sonnenterasse. Ein einmaliger Logenplatz in der ersten Reihe mit Blick auf Palma und auf die Köstlichkeiten der kleinen Küche.
Übrigens ein Nachtisch ist hier einfach ein ‚Muss‘: der Flan , lustvolles, appetitliches Vergnügen.
Das Ende der bewohnten Inselwelt: San Telmo. Abgeschieden hinter kurvenreicher Bergwelt, klein, überschaubar, Bausünden sind ein unbekanntes Wesen, der kleine Hafen mit den kleinen Restaurants, eine Oase der Ruhe. Balsam für die Seele.
Balsam für den Gaumen und den Genuss: das Restaurante Vista mar.
eine große Bühne für ein Feuerwerk der Frische , des Geschmacks, der Produkte.
Die Dorade und der Loup, superfrisch, perfekt auf den Punkt gegrillt.
Die Melone ein süßer Taumel und der Jamon iberico einfach zum Wegschmelzen.
Die Paellas sind hervorragend, der Königshappen ist die mit Hummer. Sanft, süß und saftig das Krustentier und ein Reis voller Intensität, voller Reinheit. Pure Lust.
Trotzdem ist noch Platz für ein absolutes ‚Muss‘ – ein Orangenkuchen, der eine einzige Verführung ist, eine kulinarische Revolution.
Der Chef des Hauses, Fransisco Lopez Llabres, hat mir übrigens das uralte Familienrezept verraten. Siehe: Rezepte
Außerdem noch eine nicht unwichtige Kalorienbombe, der Mandelkuchen mallorquin
Danke und salud mit dem formidablen Hauswein, einem Sumarroca, blanc de blanc, aus Penedés: ein Cuvee aus Macabeo,Xarel.lo. Parellada und Muscat. Einfach umwerfend köstlich.
Porto Andratx, wo die Reichen wohnen und die Hügellandschaft ‚Hilfe‘ ruft. Trotzdem: auch hier findet man doch kleine, abgeschiedene Fluchten, die sich ‚genießen‘ lassen.
Das Barlovento,ganz am Ende der Hafenbucht, dicht beim Leuchtturm, gleich neben dem Club Nautico, ist Stille angesagt, Wellenplätschern gefragt, wo manchmal auf offener Terrasse, Fische nach Zehen schnappen, die übers Wasser baumeln. Dazu eine unprätentiöse, saubere , ehrliche, schmackhafte Küche, wie das geschmackvolle, gegrillte Gemüse und der frischestrotzende Seeteufel, mit unsagbar guten Pommes!
Wo Mallorca nicht deutsch ist, sondern vornehm englisch: Port de Pollensa. Auch hier kann in großer, weit geschwungener Bucht die Seele ungestört baumeln.
Das ‚Stay‘ ist magischer Anziehungspunkt, Freiluftbühne, Ankerplatz für kleine, feine Genüsse zu zivilen Preisen: der rosa Cava für € 3,90 – das Glas Weißwein für € 2,60 – der Pulpo a la Mallorquina ( ein voller Genuss ) für € 11,30 und die herrlich saftigen Hühnerflügel für € 7,40.
Unbezahlbar der Service und die Lage.
Wo die Welt noch nicht vom Tourismus geprägt ist. Porto Colom, Hafenstadt an der Ostküste , knapp über 4000 Einwohner. Kennzeichen : keine Bettenburgen .Porto Colom mit dem größten Naturhafen Mallorcas, Nutzung durch den privaten Bootsverkehr, aber noch immer einer der bedeutendsten Fischerhäfen der Insel -Bemerkenswert und ansehenswert die Altstadt mit einem der best erhaltenen Altstadtkerne der Insel. Porto Colom behauptet von sich, Geburtsstätte von Christoph Columbus zu sein.
Der ‚Club Nautico Porto Colom‘ ist Alltag, Treff, Begegnung, ein Hort guter mallorquiner Küche, traditionell aber eleganter leichter, bis hin zu unbekannten Ufern. Da war der Petersfisch, nicht gegrillt, sondern in der Tonform geschmort, nach alter mallorquiner Tradition. Aber: was früher schwer war, im Öl ersoff, gibt sich hier leicht, mehr Sud als Fett, ein wunderbares geschmackvolles Gemüse und ein Fisch, der an Geschmack und Saftigkeit nicht zu überbieten ist.
Danach ein Frito – nicht das Traditionsgericht Mallorcas aus Innereien und Gemüsen, nein, hier vom Pulpo und ein Hit voller Geschmack und Gaumentemperament. Große Klasse.
Dann noch etwas Ungewohntes, Ungewöhnliches – das Dessert: ein Flan ( spanischer Uradel) , hier vom Frischkäse und mit Schokolade. Gewagt und gewonnen.
Mallorca ein kleines Paradies für Genießer und Feinschmecker. Mallorca eine Küche aus Tradition und Fantasie, aus Liebe und Sorgfalt. Dazu eine Weininsel, die noch eine große Zukunft vor sich hat. Ein Satz hat zeitlose Gültigkeit: Cuina bona es la base de la felicitat – Gute Küche ist die Grundlage der Glückseligkeit.
Bon profit y salud
Alle Fotos: Jürgen Schiller
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