Die Festspiele Zürich starten am 3. Juni gemeinsam mit der grossen Picabia-Retrospektive im Kunsthaus und dauern bis zum 26. Juni. Schwerpunktthema ist in diesem Jahr die Dada-Bewegung, die sich vor 100 Jahren von Zürich aus weltweit epidemisch verbreitete. In über 150 Veranstaltungen, Ausstellungen, Theater, Oper, Tanz, Konzerten, Gesprächen und vielem mehr, widerspiegeln sie nicht nur den Facettenreichtum der Dada-Bewegung, sondern auch die Vielfalt der Zürcher Kultur.
Für die einen ist Dada irre, für andere bloss Quatsch. Wieder andere interpretieren den von Dada produzierten Unsinn als Reaktion auf den Wahnsinn des Krieges. Dada ist, wie es Urdadaist Hans Richter formulierte, ein zerbrochener Spiegel, in dessen Scherben jeder sein eigenes Bild hineinprojizieren darf. Hundert Jahre nachdem Hugo Ball als „magischer Bischof“ seine ersten Lautgedichte im Cabaret Voltaire rezitierte und die Dada-Bewegung ihren Siegeszug um die Welt antrat, präsentieren rund 30 Kulturinstitutionen im Rahmen der Festspiele Zürich ihr je eigenes Bild von Dada. Vom 3. bis 26. Juni widerspiegeln die Festspiele Zürich damit nicht nur den Facettenreichtum der Dada-Bewegung, sondern auch die Vielfalt der Zürcher Kultur.
Mit seiner Festrede „Das Ganze im Nichts und das Nichts im Ganze: Dada – Immerdar“ eröffnet der ehemalige Bundesrat die Festspiele Zürich und schlägt eine Brücke von der Kunst zur Politik. Das Kunsthaus stellt Francis Picabias bekanntes dadaistisches Schaffen in Zusammenhang mit seinem Gesamtwerk und illustriert damit seine lebenslange Unterwanderung jeglicher Kategorisierung. Im Museum Rietberg treffen Dada-Werke auf ihre aussereuropäischen Inspirationsquellen.
Die Eigenveranstaltungen der Festspiele Zürich nähern sich Dada in drei Soirées intellektuell an, interpretieren die bürgerliche Salonkultur neu, indem zehn Privatpersonen ihr Heim für dadaistisches öffnen, und schaffen neue Klangexperimente im Geiste Dadas mit den Stuttgarter Vocalsolisten sowie Harley-Davidson-Tönen auf dem neuerdings verkehrsbefreiten Münsterhof.
Im Schauspielhaus steht das dadaistische Wort im Mittelpunkt. Herbert Fritschs „der die mann“ lässt Konrad Bayers Sprache Musik werden und die Körper der Schauspieler in Besitz nehmen, „Vergessenes Gelächter“ bringt die Poesie von Céline Arnauld zum Klingen und im Pfauen liefern sich tote Dada-Dichter und junge Slam-Poeten ein Rede-Duell. Das Tonhalle-Orchester widmet sich dem dadaistischen Klang, einmal in diversen Kammer-Ensembles, wenn es mit der Stimmkünstlerin Salome Kammer und weiteren Gästen eine Nacht lang alle Räume der Tonhalle mit Dada-Lauten füllt, einmal in grosser Formation, wenn es Eric Saties „Gymnopédies“ auf Werke von Mozart und Brahms prallen lässt. Im Opernhaus beschäftigen sich junge Choreografen mit Dadas Tanzerbe.
Das Theater Neumarkt verfrachtet Dada ins Heute. Seine zwei in Kooperation mit dem Maxim Gorki Theater Berlin entstandenen Theaterperformances nehmen Elemente von Computerspiel, Assessment-Center und Fernsehshow auf. Die Gessnerallee verweigert eine Reminiszenz an die historische Dada-Bewegung. Sie lädt hochkarätige Performances ein, die es ohne Dada wohl nicht gäbe, und lässt eine Initiative lancieren, die eine Langzeit-Auseinandersetzung mit unserem Wertesystem auslösen soll. Das Theater Rigiblick lässt vertonte Dada-Worte von Arp, Schwitters und Charms erklingen und findet Dada auch in Frank Zappas Musik sowie in Texten von Joyce, Jandl und Jelinek. Das Miller’s sucht nach dem Ursprung von Dada im Kabarett und präsentiert ganz atypisch die Uraufführung einer absurden Dada-Kammeroper. Das Sogar Theater bringt einen historischen Briefwechsel der Balls sowie Kurt Schwitters Auguste Bolte auf die Bühne. Im Filmpodium sind live vertonte Dada-Stummfilme zu sehen. Dada ist ausserdem der Gegenstand von literarischen Abenden des Literaturhauses und der Zentralbibliothek, von Diskussionen des Schweizerischen Instituts für Auslandforschung und der Paulus-Akademie, von Kursen und Führungen der Volkshochschule, des Zürcher Festspielsymposiums und eines interdisziplinäres Symposiums des von den Zürcher Dadaisten als Refugium genutzten Sanatoriums Kilchberg sowie eines Vermittlungsprojektes in Kooperation mit der Zürcher Hochschule der Künste.
Neben den dem Schwerpunktthema Dada gewidmeten Veranstaltungen findet sich im Programm allerlei Festspielwürdiges, wie ein Gastspiel des Wiener Burgtheaters im Schauspielhaus, zahlreiche Highlights der vergangenen Saison sowie eine Bellini-Premiere im Opernhaus, eine Live-Opernübertragung auf dem Sechseläutenplatz, ein Tanzspektakel von Rachid Ouramdane in der Gessnerallee, klassische Konzerte mit hochkarätigen Solisten in der Tonhalle, Jazzkonzerte im Sommerpavillon des Museums Rietberg oder zum Abschluss der Festspiele ein Konzert der Sängerin und Songwriterin Sophie Hunger, die den Zürcher Festspielpreis erhält.
Hier das Gesamtprogramm