Faszination UNESCO-Welterberegion

„Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“, bemerkte J.W. Goethe – und das zu Nicht-Corona Zeiten. In Mitten der UNESCO-Welterberegion Anhalt- Dessau- Wittenberg  vermittelt die Stadt Dessau Ruhe und Entspannung – und Bildung Insgesamt vier UNESCO-Stätten, das Gartenreich Dessau-Wörlitz, das Bauhaus Dessau, die Luther-Gedenkstätten sowie das Biosphärenreservat Mittelelbe, bietet die Region. Ein Kaleidoskop an unterschiedlichsten touristischen Highlights auf nur 35 km². Wir entscheiden uns zu Anfang der Tour für das Thema Bauhaus Dessau. Rundum.

WelterbeCard in der Welterbe Region

Einstieg in das Thema bietet das 2019 neu eröffnete Bauhaus Museum Dessau. 100 Jahre Bauhaus waren Anlass für diesen Neubau, der sich in seiner Architektur durch Klarheit und Transparenz auszeichnet. Ein Verbindungsstück zwischen dem historischen Stadtkern Dessau und dem Stadtpark.

Am Eingang des Museums stehen die Besucher im gebührenden Corona-Abstand und mit Maske. Nur eine begrenzte Besucherzahl erhält Eintritt, vorausgesetzt, ein aktuelles Ticket oder eine WelterbeCard ist online gelöst. Die WelterbeCard erweist sich als großer Vorteil. Mit einem Pauschalpreis für den Besuch vieler Sehenswürdigkeiten erspart sie den Kauf weiterer Eintrittskarten sowie Anmelde -und Wartezeiten.

Marcel Breuer & co im Bauhaus Museum Dessau

Im Bauhaus Museum eröffnet sich auf einer Ausstellungsfläche von 2.100 Quadratmetern die zweitgrößte Bauhaus-Sammlung der Welt mit ca. 50.000 Objekten aus den Sparten Möbel, Textil, Bühne, Fotografie, Design und Werbung der Stiftung Bauhaus Dessau. Grafiken, Zeichnungen und Figuren der Bauhausmeister Lyonel Feininger László Moholy-Nagy und Oscar Schlemmer sowie der legendäre Stahlrohrsessel von Design-Ikone Marcel Breuer sind Highlights der Ausstellung. Aber der Schwerpunkt des Museumskonzepts, im Gegensatz zu dem Bauhaus-Museum Weimar, liegt auf der Bauhaus-Schule als lebendiger Ort.

Dokumentation Franz Ehrlich im Bauhaus Museum Dessau, Foto: ©sch

Handwerkliches und künstlerisches Ausprobieren und die Entfaltung der individuellen Kreativität von Studierenden werden gezeigt. Die fotografischen Arbeiten u.a. von Carl Marx, Irena Blühova oder Hajo Rose spiegeln in „Kritische Fotografie und Kunst von Bauhausstudierenden 1920-33“ das soziale Umfeld wider: Arbeitslose, Demonstranten oder Streikende, zeigen das Selbstverständnis der Bauhäusler*innen, ihre Arbeit mit als gesellschaftliche Aufgabe zu verstehen.
Nie war die Arbeit der Studierenden losgelöst von dem gesellschaftlichen Umfeld. Auch die Entwicklung von industriellen Prototypen sollte dazu beitragen, Wohnungen, Möbel oder Gebrauchsgegenstände für alle erschwinglich zugänglich zu machen. Es sind die weniger bekannte Studierenden, die im Fokus der Präsentation „Versuchsstätte Bauhaus“ stehen.
Wie z.B. Franz Ehrlich (1907-1984), von 1927-30 Student und Mitarbeiter am Bauhaus Dessau. Er besuchte den Vorkurs bei Josef Albers und László Moholy-Nagy, erhielt u.a. Unterricht bei Paul Klee, Oskar Schlemmer und arbeitete dann als Architekt, bildender Künstler und Stadtplaner. Seine nach 1945 entstandenen Gebäude findet man im In- und Ausland. Das Rundfunkhaus in der Berliner Nalepastraße wird heute mit denkmalpflegerischen Auflagen als begehrte In-Location für Konzerte genutzt.

Bauhausschulgebäude

Wie Perlen auf einer Schnur präsentieren sich die Bauhausbauten in Dessau. Und alle fußläufig erreichbar. Das Bauhaus-Hochschulgebäude, entworfen von Bauhausgründer Walter Gropius, nimmt dabei eine zentrale Stellung ein.

Bauhausschulgebäude, Foto: ©sch

Nach einer sehr freundlichen Einweisung in das Gebäude ist der Besuch auch hier nur mit Mundschutz möglich. Die Hauptelemente des Komplexes bestehen aus dem dreigeschossigen Werkstattflügel, die Gewerbliche Berufsschule und das fünfgeschossige Ateliergebäude. Die historische Schulräume und Werkstätten eröffnen sich lichtdurchflutet in ihrer modernen, großzügigen Architektur. Eine Sonderausstellung des Architekten Richard Paulick schafft den Bezug des Bauhäuslers über seine Zeit in Shanghai, zum Bauen in nationalen Traditionen an der Stalinallee, bis zur erneuten Hinwendung zur Moderne in die Gegenwart. Die Kantine im Bauhaus wurde saniert und die Möblierung von Marcel Breuer und die Farbgestaltung von Hinnerk Scheper erfolgreich rekonstruiert, so dass in diesem historischen Ambiente sogar gespeist werden kann. Nur leider in Corona-Zeiten nicht. Auch die Trinkhalle auf dem Weg vom Bauhausgebäude zu den Meisterhäusern bleibt geschlossen. Der Kiosk war das einzige realisierte Bauwerk des dritten Bauhausdirektors Mies van der Rohe.

Meisterhäuser – architektonische Leichtigkeit

Weiß, modern und stolz präsentieren sich in einem kleinen Wäldchen die vier von Walter Gropius 1926 gestalteten Meisterhäuser. Modern in ihrer Baukasten-Bauweise, in ihrer Gestaltung und Funktionalität. Klare Formen als Zeichen der Architektur der Moderne.

Meisterhaus
Kandinsky|Klee ,Foto: ©sch

Die Innenaraumgestaltung, das Interieur sowie die Farbgebung entwickelten die Künstler z.T. selbst, so dass jedes Haus seine Individualität besitzt: von schwarzen Wänden über funktionale Schiebeschränke bis zu farblich bunt gestalteten Treppengeländern.

Bewohnt wurden die Meisterhäuser vom Bauhaus-Direktor Walter Gropius selbst, von Lyonel Feininger und László Moholy-Nagy, Oskar Schlemmer und Georg Muche, Wassily Kandinsky und Paul Klee. Seit 1996 gehören die vier Meisterhäuser als einmaliges Bauhaus-Ensemble zum UNESCO Welterbe.

 

Kulinarisches und Bauhaus
Restaurant Kornhaus, Foto: ©sch

Wer auf den Spuren der Bauhäusler in Dessau Appetit bekommt und in ihrem Flair speisen möchte, dem sei das Restaurant „Kornhaus“ empfohlen. Die beliebte Ausflugsgaststätte am Dessauer Elbufer ist bis heute zum großen Teil architektonisch im Originalzustand erhalten. Carl Fieger, langjähriger Mitarbeiter von Walter Gropius, entwarf das Kornhaus 1929 im Auftrag der Stadt Dessau und der Schultheiss-Patzenhofer Brauerei AG. Einladend der große Biergarten  und imposant der halbrunde, gläserne Wintergarten, der fast schwebend einen weiten Überblick über die Elblandschaft ermöglicht. Und das mit regionalen Speisen.

Schloss Luisium Gartenreich Dessau-Wörlitz
Schloss Luisieum,Foto: ©sch

Um noch einmal auf die Welterbe Card zu kommen: Sie begeisterte unsere Redakteurin, die sie eingeladen ausprobieren durfte, weil sie unkomplizierte Eintrittsmöglichkeiten nicht nur in die Bauhausbauten ermöglicht. In zwei Varianten, als 24 Stunden-WelterbeCard oder 3 Tage-Card, sind Insgesamt über 100 Einrichtungen mit freiem Eintritt, Übernachtungsrabatten oder anderen Specials zu besuchen. Erfahrungsgemäß ist eine TagesCard viel zu kurz, so dass bei einem umfangreichen Bauhausprogramm in Dessau, die Lutherstadt Wittenberg u.a. mit Cranach- Häusern oder Schmetterlingspark, oder die St.-Agnus-Kirche in Köthen mit dem Abendmahlbild von Lucas Cranach d.J. oder die IndustrieKulTour Wolfen auf ein nächstes Mal verschoben werden müssen.

Wirtschaftshof Schloss Luisium, Foto: ©Sch

Wenigstens sollte noch ein kleiner zeitlicher Moment möglich sein, um einen Hauch des Gartenreich Dessau-Wörlitz zu erleben. Die Ruhe, die Gartenpracht und die Kleinode in der Gartenlandschaft. Ein Beispiel ist das Schloss Luisium mit Festsaal, Spiegel- und Gemäldekabinett, das Fürst Franz von Anhalt-Dessau 1774/78 für seine Frau in  englischen Landschaftsgarten errichten ließ.

Ein erneuter Besuch der UNESCO Region ist programmiert und das Schlangenhaus oder das Wirtschaftshaus im Garten des Schloss Luisium bieten dafür sogar Übernachtungsmöglichkeiten.

 

Artikelfoto: Schlangenhaus im Landschaftsgarten Luisium, Foto: ©sch