Genusswolken im ‚Belvedere‘, Hotel Strandidyll, Heringsdorf

Travel charme Hotel; Heringsdorf
Travel charme Hotel; Heringsdorf
Es ist sicher das schönste und höchste Restaurant in Heringsdorf, etwa 30 Meter über dem Meeresspiegel, das „Belvedere“ im Hotel ‚Strandidyll‘- herrliche Stimmungsbilder, die man sehen muss, damit sich die Seele öffnet. Italien pur in Heringsdorf, leichte, verspielte Architektur, hell und licht, ein wunderschöner stimmiger Garten, alte Bäume, die Geschichten erzählen und selbst Geschichte sind. Usedom, magisch musischer Name, eine Symphonie aus Wind, Wellen und Wehmut. Usedom, eine Insel , wo sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft treffen : Peenemünde, der Wahn der Nazi-Vergangenheit, Swinemünde, Ergebnis des braunen Wahns, aber Zukunfts-Hoffnung mit Europa, jetzt eine Insel ohne Trennung. Die Gegenwart : blühender Tourismus, Menschen mit Motivation, Architektur mit Märchenakzenten: griechische Giebel, römische Säulen, italienische Renaissance. Kulinarisch manchmal weit hinter der Zeit, aber doch immer wieder überraschende und höchst erfreuliche Begegnungen mit Region, Produkt und Saison. Im‘ Belvedere‘ wird nach einiger Zeit der Stagnation jetzt wieder ein kulinarisches Feuerwerk gezündet. Zwei junge Könner aus dem ‚eigenen Stall‘ sorgen für Überraschung und Wohlfühlelemente. Restaurantleiter Christian Reinholdt und Küchenchef Christian Raddatz.
Travel charme Hotel; Heringsdorf
Travel charme Hotel; Heringsdorf

Der Direktor des Hauses, Detlef Kruse, sagte sich: warum eigentlich immer nur Köche von Draußen, warum sich immer am Wanderzirkus beteiligen. Man muss nur die eigenen Rohdimanten vorsichtig behandeln, schleifen, bis sie anfangen wunderbar zu glänzen –  der Mann bewies Mut und hat Recht. Christian Raddatz in der Küche  und Christian Reinholdt als Restaurantleiter sind der tägliche Beweis.

 

Tatar mit Trüffeleis

foto: jschi
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Verrückt, wagemutig – aber eindeutig gelungen. Das Rind fürs Tatar ist ein kraftvolles, wohlschmeckendes Exemplar, das Fleisch nicht etwa im Mixer zerkleinert, sondern sorgfältig klein mit der Hand geschnitten – eine Konsistenz, die begeistert. Elegant gewürzt. Nun der Wagemut, die Verrücktheit: ein Trüffeleis – wie Softeis mit etwas Trüffelpaste, kein Trüffelöl, deshalb sehr wohlig zurückhaltend im Geschmack. Vielleicht ein Kick zu süß – aber: eine gute cremige Balance gegen die Kraft des Rindes. Das Krönchen schmeckt auch noch: Weizenbaguette, gewürzt und als Segel gebacken.
 
Filet vom Iberico Schwein mit Süßkartoffel – Mayonnaise, Apfelchutney und Wildkräutersalat
foto: jschi
foto: jschi

 

Ein Bild von Teller, große Ästhetik. Ein Schwein zart, kräftig, eigenwillig. Die Süßkartoffel-Majo ist ein Renner, elegant, süffig-schmelzend. Eine tolle Idee als Bindung kein Senf, sondern eben die Süßkartoffel. Das Schwein jubelt. Dazu eine wunderbare Ergänzung durch ein sehr gutes Apfelchutney. Am Gaumen spielt sich überraschendes ab: der erste Eindruck: Schwein ist gut im Geschmack aber vielleicht etwas untwürzt-aber dann setzt sich die Kraft des Schweines durch, dazu die besondere Majo, das Chutney, die Wildkräuter – auf einmal eine Aromabombe.

 

Lasagne vom Sashimi Thunfisch mit Mozzarella, confierten Tomaten und Gewürzbrot
foto: jschi
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Der Thunfisch überzeugt durch eine sehr gute Qualität, dazu die interessante Kombination mit Graubrot, confierter Tomate, Mozzarella und wieder Wildkräuter. Ein federleichtes  Zwischenspiel und auch hier wieder der Effekt wie beim Schwein: Step für Step, Biss für Biss erschließen sich die einzelnen Komponenten  und ergeben ein gelungenes Spiel der Konsistenzen und Aromen.
 
Haffzanderfilet an Waldpilz – Quiche mit Schinkenschaum und Wildkräuter
foto: jschi
foto: jschi
Auch hier mutige Wagnisse zum Zander durch eine Waldpilz Quiche, die Boddden und Erde verbindet, eine Art Usedomer Surf and Turf mit dem Clou durch den Schinkenschaum. Nur was war mit dem Fisch: perfekt, leicht glasig gebraten und trotzdem das Gefühl von Trockenheit. Vielleicht war die Frische doch zu frisch und ein paar Stunde Ruhe wären dem Boddenstar gut bekommen.
Zweierlei vom Ruppiner Lamm an Knoblauchjus mit gebratenem Mini – Gemüse und Pastinakenpüree
foto: jschi
foto: jschi
Das Lamm ein würdiger Vertreter des guten Geschmacks, die Soßenmasse ein Schlag in den Ästhetikmagen. Eigentlich gehört ja ein Knoblauchjus dazu, aber wer das nicht möchte erhält dann leider viel Massivität, ein Ostsee-SoßenSee. Das Pürree leider gemixt, das geht meist in die Konsistenzhose, führt zur leichten Kleistrigkeit . Das Gemüse gut.
Warmer Schokoladenkuchen mit Pistazien an Zwetschgensorbet und kandierten Baby – Äpfeln
foto: jschi
foto: jschi
Zum Abschluss noch einmal ein schönes Gemälde aus Schokopistazien-Kuchen,  Zwetschgensorbet und kandierten Babyäpfeln. Eine gute Trilogie des Geschmacks. Bitte den Kern des Kuchens noch etwas flüssiger  und das Sorbet etwas weniger süß.  Der Himmel über Usedom im ‚Belvedere‘ ist ein gutes Erlebnis mit leichten, eleganten Genusswolken voller Farben, Aromen und Konsistenzen.