Er ist eine Rarität, aber es gibt ihn noch, den echten Landgasthof. Gefunden im fränkischen Schwarzach. Er ist eine Rarität, aber es gibt ihn noch, den Koch, dessen höchste Raffinesse in der Synthese und in der Einfachheit liegt. Joachim Schwab. Ein Koch mit Seele und fränkischer Traditionsfülle. Hier ist deutsche Küche kein schlechter Scherz aus Schnitzel, Eisbein, Sauerkraut, Kohl und Pinkel, keine alte Deftigkeit und Massigkeit, sondern neue Delikatesse aus Saison und Region. Am Anfang der Schwab‘schen Kochkunst steht die Natur, eine Küche kann nicht besser sein als die Produkte, von der sie ausgeht. Welch ein Füllhorn: Aal, Zander, Hecht , Forelle, Karpfen und Flusskrebse. Das Gemüse aus Albertshofen. Die Kartoffeln vom eigenen Acker, Fleisch, Brot und Wurst aus dem Klosterladen, Geflügel aus Stierhöfstetten und schließlich das traumhaft schmeckende Wild aus dem eigenen Revier im Steigerwald. Die Jagd ist für Joachim Schwab immens wichtig, auch wenn es manchmal nur ein paar Stunden sind. Hier findet er Ruhe, kann den stressigen Alltag hinter sich lassen. Gedanken über das Private, warum nur so wenig Zeit, um die ganze Schönheit der Landschaft und des Lebens viel mehr genießen zu können. Dann aber auch immer wieder Gedanken über den Gasthof, über neue Gerichte. So entstanden kulinarische Wunderwerke wie ein Pfeffer oder ein Vitello vom Wildschwein und seine Rehnudeln, ein Ragout aus geschmortem Rehhals (der Spitzenkoch sagt: „Abfall“), breiten Nudeln und etwas weißem Trüffel, fast schon ein Klassiker. Oder ein Rehbeuscherl, gekocht mit dunkler Essigsauce, einem Mehlkoß und Sauerkraut – typisch fränkisch, aber der kleine Dreh macht daraus etwas Feines, Modernes. Die Aufhebung der Anspruchslosigkeit. Wie beim Karpfen – als 2erlei: klassisch gebacken mit mit Panade und dann der Kick: mit Schwarzbrotbröseln. Wunderbar: Eine neue Aromenfülle, die leichte Fettigkeit des Fisches wird kräftig herb zum edlen Kracher. Bei der Entenbrust sind es wiederum die Produkte, die Aromen, die einzelne Bestandteile in neuem Licht erschmecken lassen: Steckrübennudeln, optisch wunderbar , im Geschmack als Gegenpol zur Brust – gelungen. Schwabs Erfahrungen in der Spitzengastronomie finden kongeniale Anwendung auf ein leichtes, genussvolles Zeitalter, Landschaft pur kommt auf den Tisch. Alles scheint spielerische Leichtigkeit zu sein, ohne erkennbare große Anstrengung. Landgasthof und Spitzenkoch bilden eine Synthese, auf der sich alles aufbaut, Wurzel und Geist, verfeinert, veredelt. Ohne Luftpirouetten sondern immer menschliche Bodenhaftung. Die Ehrlichkeit der Küche wird hier zur kulinarischen Philosophie. „Wir sehen im allgemeinen nur die Hülle der Dinge“, sagt Saint-Exupéry, „und bedenken nicht, dass das Wesentliche unsichtbar ist“. Im Innern behagliche Gemülichkeit – der fränkische Künstler Theophil Steinbrenner schuf aus der alten Beiz ein wunderschönes Refugium für die regionalen Keller- und Küchenköstlichkeiten. Hell und leicht, nichts wirkt aufgepfropft, ist überzogen. Die ideale Bühne für den bodenständigen fränkischen Bilderbuchkoch. Aus schlichten traditionellen Rezepten schafft er durch einen kleinen Dreh, Modernes, Feines.Tummelplatz für eine in Spätburgunder perfekt geschmorte Ochsenschulter, das Kalbszüngle badet voller Wonne im Weinsößle und eine saure Leber geht eine innige Beziehung mit Kartoffelpüree und grünem Salat ein. Die Gans gibt es ganz traditionell mit Leberfülle, Weißbrot, Petersilie und Beifuss. Dazu der Frankenkloß, Dazu köstliche Tropfen aus der Region zu moderaten Preisen (¼ l Schoppen zwischen € 2,50 und €4,10).Dazu ein Service, der unglaublich gelassen und ruhig arbeitet. Gelebte und erlebte Herzlichkeit. In Schwab’s Landgasthof geschieht immer wieder ein Wunder. Begegnungen in einer Hülle und Fülle, die das Wesentliche, nämlich Gastfreundschaft, Behaglichkeit und gute Küche vereint. Leichtigkeit im Dasein, Fröhlichkeit beim Genuss. Das Fränkische ist bei Joachim Schwab immer wieder Leitfaden für Herz und Hirn. Er und seine hervorragende Mannschaft arbeiten mit den Sinnen für die Sinne. Der Kritiker Wolfram Siebeck schreibt in seinen kulinarischen Notizen: “Wer nicht weiß, dass jedes Ding noch verbessert werden kann, muss alles für unübertrefflich halten, was man ihm vorsetzt. So entstehen Dogmen; deshalb bleibt ein Minister im Amt und Schmalz im Sauerkraut“. Deshalb ist Joachim Schwab ein Garant für Antidogmen, für Veränderung, Verbesserung, Verfeinerung. Heimat ist für ihn Vertrauen, Rückzugsgebiet, Geborgenheit. Spiegel seiner Küche. Joachim Schwab ist ein großer fränkischer Baumeister der modernen Küche.
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