17fuffzig: Ein ungewöhnlicher Name für ein ungewöhnliches Restaurant in einem ungewöhnlichen Hotel. „Zur Bleiche Resort & Spa“ in Burg im Spreewald. Reisender kommst du nach Burg, dann verfranzt du dich erst einmal, denn der Ort ist nicht nur ein Ort, sondern eine weit verzweigte Landschaft. Und das passt zu der Natur, zu dem Biosphärenreservat der UNESCO, ein besonders geschützter Naturraum. Hier darf nicht geklotzt werden, Bausünden sind Tabu.
Die Landschaft mit ihrer Einmaligkeit, den weit verzweigten Wasserwegen, den schmalen Brücken, den typischen Holzhäusern der Wenden und Sorben, den Geschichten und Sagen, den Menschen und Tieren, verzeiht keine Sünden. Das Besondere ist hier Alltag, auch im Hotel. Rot-weiß-rot die Seite, einladend, ein harmonisches Farbenspiel. Den Grundstein legte Friedrich II. Der „Alte Fritz“, ließ hier die Uniformhemden seiner Armee bleichen. Gleichzeitig entstand eine Poststation, wurden Fremdenzimmer vermietet. 1870 dann nur noch Speisen und Logis. Wieder eine Besonderheit: um die Jahrhundertwende hieß es „Etablissement English spoken“. 92 Jahre später erwarb die Familie Clausing das Hotel und schuf eines der schönsten Resorts in Deutschland, mit ungewöhnlicher und konsequenter Linie: Natürlichkeit, Lebendigkeit, das Spiel mit Farben und Formen, mit Licht und Schatten, mit Wind und Wasser. Die edel hochglanzglanzvolle Hauspostille, die „Kahnpost“, löst das Rätsel über Ziel und Philosophie mit einem Ausschnitt aus dem Zyklus „Fünf Räume“ von Larissa Boehning, Spreewälder Literatur-Stipendiatin 2009: „… kein Handy, keine Uhr, nur ein Kasten mit drei Stäben und einem Rätsel, was er enthalten könnte, weil alles andere im Raum so selbsterklärend ist und ich immer das Geheimnis wissen will, obwohl es besser wäre, es einfach Geheimnis sein zu lassen. Ich denke: Ein Schlüsselkasten mit Schlüsseln zu noch viel geheimeren Räumen. Ein Schlüssel zum Wald, zum Fluss, zu den Bergen, ein Schlüssel zu einer Kammer voller weichem Fell, ein Schlüssel zur Erinnerung, ein Schlüssel, der zu keinem Schloss der Welt passen will. Ein Schlüssel zum Verstehen, warum es so schwer ist, Ruhe zu finden, heutzutage. Ein Schlüssel zur Demut, die mir sagt, was Glück ist. Ein Schlüssel zur Stille, die alle Gedanken nimmt, in den Ohrensessel zieht, in den Ofen, in den Hopfen, ins Kreuz. 37 Grad sollen es hier sein. Nein, denke ich, es ist ein Grad mehr als wir sind, ein Grad mehr als das Leben, ein Grad mehr von allem und das nennen wir, ganz einfach, Entspannung, nur.“ Alles ist durchdacht, harmonisch ausgefeilt. Ein Fahrstuhl mit Holzverkleidung und Holztüren, wo Stuhlbeine „Verhüterli“ tragen, wo ein Hirschbrunnen aus dem 16. Jahrhundert Gäste begrüßt, wo eine Bibliothek geistigen Freiraum schafft, von der Kommunen nur träumen können. Gastfreundschaft ist hier keine leere Worthülse, sondern gelebte Realität. „Witajso do nas!“ – „Seid uns willkommen“, steht in Sorbisch über der Eingangstür.
„17fuffzig“, der ungewöhnliche Name für das Spitzen Restaurant des Hauses, 1 Michelinstern, 18 Punkte und drei Hauben beim Gault Millau: höchste Kreativität und Qualität, bestmögliche Zubereitung. Oliver Heilmeyer auf dem Kocholymp. „17fuffzig“ natürlich auch als Erinnerung an den „Alten Fritzen“ und Majestät wäre stolz auf einen der besten deutschen Köche. Niemanden verärgern, die Landschaft, die Region, die Saison, auch die kaum vorhandenen kulinarischen Spuren zu respektieren, das war ein jahrelanger Kraftakt, den der gebürtige Schweizer hervorragend gemeistert hat. Die frühere Rastlosigkeit, die Ungeduld, die Suche nach dem angemessenen Stil sind vergessen. Heilmeyer weiß, dass er auf dem richtigen Weg ist. Die Leichtigkeit seiner Küche, das neue Licht, das auf regionale Produkte fällt, die Modernisierung alter Rezepte, die Veredelung des kulinarischen Erbes der Region mit modernen Gourmetakzenten schaffen ungemein reizvolle und spannende Menüs. Ein Sauerfleisch vom Havelländer Apfelschwein trifft auf eine süß-saure Burger Kürbismarmelade, dazu frittierter Grünkohl.
Region und Saison pur, leicht, träumerisch perfekt.
Das Wildbarschfilet kommt aus der Müritz, elegante Geschmackskomponenten sind Felchenkaviar und grünes Kräuteröl.
Ein Kalbsbries zerschmilzt am Gaumen, sanft gegart in Hummerbutter und pikant kräftig begleitet von Staudensellerie, Apfel und Avocado.
Das hohe Lied der Region dann mit einem Hecht aus dem Schwielochsee, gefüllt mit Speck, Champignons und Gewürzgurke, also einfache, puristische Spreewald Veredelung. Die Verbeugung vor der Saison: ein Steckrübenpüree und noch einmal die Region: ungewöhnlich, würzig-pikant, eine Grützwurstkrokette.
Auch beim Dessert Begeisterung durch Geschmack, Leichtigkeit und Kreativität: Rote Bete Spaghetti und ein Quarkeis mit Leinöl.
Leinöl ist eine große Leidenschaft für Heilmeyer. Mit Gerd Ballaschk aus Burg hat er einen kongenialen Partner gefunden. Edel, nussig, würzig, kalt gepresst, eine Delikatesse. Hier trumpft die Region, der Rest ist leider oft Schweigen. In der Zwischenzeit wächst der eigene Gutshof mit Gemüse, Kräutern aber auch mit eigenem Freilandschwein. Eine eigene Patisserie ist in der Planung. Ein fulminantes kulinarisches Erlebnis, perfektioniert durch die Weinempfehlungen von Sommelier Oliver Westphal. Unwahrscheinlich freundlich, witzig und gekonnt präsentiert er seine Empfehlungen zu den Gängen .Oft auch verdeckt, damit der Gaumen und die Sinne nicht in falsche vorgefasste Meinungen abgleiten. So entstehen immer wieder wunderbare Begegnungen und Entdeckungen. Westphal setzt stark auf Deutschland, auf kleine Güter auf oft noch unbekannte Winzer. Ein Fume-Sauvignon Blanc von Oliver Zeter aus der Pfalz, Martin Schwarz aus Sachsen mit einer Riesling Spätlese, einen Freyburger Edelacker Weißer Burgunder, Großes Gewächs oder ein Cuvée aus Lemberger, Cabernet Sauvignon und Merlot von Gerhard Aldinger aus Württemberg. Eine gelungene, vergnügliche, schmackhafte Tröpfcheninfusion.
Bei Oliver Heilmeyer Immer wieder neue Formen, neue Erkenntnisse. Die Entscheidung nach Burg in die „Bleiche“ zu gehen viel übrigens sehr früh, nämlich um 5 Uhr morgens bei einer Kahnfahrt mit den Eigentümern, der Familie Clausing. Es war das Licht, das Oliver Heilmeyer fesselte und magisch wirkte. Auch heute noch und noch immer Quelle der Inspiration, vor allem im Kräutergarten, wenn er auf einem Stuhl sitzt und eine der witzigen Sagengestalten des Spreewalds anschaut. Der Lutki strahlt sie aus, die nötige Gelassenheit, die sanfte Ruhe – Voraussetzung für tolle Gedanken und Ideen.
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