Tobende Ordnung: Eröffnungskonzert mit Wolfgang Rihms „Tutuguri“
Das Musikfest Berlin 2016 wird vom 2. bis 20. September von den Berliner Festspielen in Kooperation mit der Stiftung Berliner Philharmonikerveranstaltet. Das Programm ist veröffentlicht und der Kartenvorverkauf hat begonnen.
Vom 2. bis 20. September startet die Berliner Konzertsaison mit der 12. Ausgabe des Musikfest Berlin in die neue Spielzeit. Rund 20 Orchester, Instrumental- und Vokalensembles sowie zahlreiche internationale Solist*innen treten auf. Neben den prominenten Orchestern Berlins sind die drei großen Orchester aus München zu erleben: das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Daniel Harding, dieMünchner Philharmoniker mit Valery Gergiev und das Bayerische Staatsorchester mit Kirill Petrenko. Weitere Gäste sind das Orquesta Sinfónica Simón Bolívar aus Venezuela mit Gustavo Dudamel und The John Wilson Orchestra aus London, das unter der Leitung seines Gründers John Wilson beim Musikfest Berlin sein Deutschland-Debüt gibt. Viele Programmpunkte der diesjährigen Festivalausgabe verbinden sich mit dem geographischen Raum der amerikanischen Westküste, von Kalifornien über Mexiko bis Südamerika, außerdem mit dem kompositorischen Œuvre von Edgard Varèse, Wolfgang Rihm, John Adams und György Ligeti. An 19 Festivaltagen werden in der Philharmonie und deren Kammermusiksaal, im Haus der Berliner Festspiele, im Konzerthaus Berlin und im Großen Sendesaal des rbb 29 Veranstaltungen mit über 70 Werken von rund 35 Komponist*innen aufgeführt, von Beethoven, Bruckner und Wagner über Busoni, Debussy, Richard Strauss zu Dmitri Schostakowitsch, Galina Ustwolskaja und Luigi Nono bis hin zur jüngeren Generation der Komponist*innen Philippe Manoury, Olga Neuwirth, Matthias Pintscher, Enno Poppe und Rebecca Saunders.
DAS FESTIVALPROGRAMM 2016 IM DETAIL
ERÖFFNUNG MIT TUTUGURI | WOLFGANG RIHM UND ANTONIN ARTAUD
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Daniel Harding eröffnet das Musikfest Berlin 2016 am 3. September in der Philharmonie mit dem abendfüllenden Werk „Tutuguri“ von Wolfgang Rihm. „Alles muss haargenau in eine tobende Ordnung gebracht werden“: Antonin Artauds Gedanke eines neuen befreiten Theaters, entstanden durch seine Erfahrungen bei einer Expedition zu den mexikanischen Tarahumara-Indianern, hat in Rihms Komposition seine wirkmächtige musikalische Antwort erhalten. Die Aufführung von „Tutuguri“ beim Musikfest Berlin ist auch ein Beitrag des Festivals zum deutsch-mexikanischen Jahr 2016. An das dichterische Schaffen von Antonin Artaud knüpft auch die audiovisuelle Produktion „No More Masterpieces“ des Ensemble intercontemporain und der Gruppe 33 1/3 Collective zu Rihms „Concerto Séraphin“ an, die im Haus der Berliner Festspiele gezeigt wird.
EDGARD VARÈSE | GYÖRGY LIGETI
In Verbindung mit Musik von Frank Zappa führt das Ensemble Musikfabrik die Komposition „Ecuatorial“ von Edgard Varèse auf, geschrieben auf Texte aus dem „Popol Vuh“-Buch der Maya. (Vom 12. April bis 7. August 2016 präsentieren die Berliner Festspiele im Martin-Gropius-Bau die Ausstellung „Maya – Sprache der Schönheit“.) Die Junge Deutsche Philharmonie unter der Leitung von Jonathan Nott kommt mit Edgard Varèses Orchesterwerk „Déserts“ in die Philharmonie. Sein großformatiges Werk „Arcana“ steht auf dem Programm der von Andris Nelsons geleiteten Berliner Philharmoniker.
Eine Reihe von vier Konzerten richtet den Blick auf das Schaffen des vor 10 Jahren verstorbenen György Ligeti. Von seinen frühesten Werken findet sich das „Concert Românesc“ im Festivalprogramm, die berühmte „Lontano“-Komposition aus der mittleren Schaffenszeit und das Violinkonzert aus dem Spätwerk. Nicht von Ligeti selbst, sondern von dem dänischen Komponisten Rued Immanuel Langgaard stammt der vierte Beitrag: In dessen „Sfærernes Musik“ entdeckte György Ligeti einen frühen Wahlverwandten seiner eigenen Musik.
THE JOHN WILSON ORCHESTRA
Filmmusik aus Hollywood bringt The John Wilson Orchestra auf die Bühne der Philharmonie. Früh fasziniert von Hollywoods Filmmusicals der 30er bis 50er Jahre gründete der Dirigent John Wilson 1984 das nach ihm benannte Orchester und lässt seitdem die in den 60er Jahren weitgehend vernichteten Partituren von Cole Porter über George Gershwin bis zu Conrad Salinger durch authentische Rekonstruktionen zu neuem Leben erwachen. Für seine Projekte und Konzerte versammelt der Dirigent Musiker*innen aus Großbritannien und vom kontinentalen Europa, die zu den besten ihres Fachs gehören. 2009 feierte The John Wilson Orchestra das 75jährige Jubiläum der Metro-Goldwyn-Mayer Filmmusicals in der Royal Albert Hall. Nach diesem Debüt folgte 2010 die erste Großbritannien-Tournee, 2013 dann das Amerika-Debüt in Los Angeles. Eine besondere Auswahl an Titeln der Metro-Goldwyn-Mayer Filmmusicals wird beim Deutschland-Debüt des Orchesters im Rahmen des Musikfest Berlin zu hören sein.
MUSIK & FILM
Den Metro-Goldwyn-Mayer Studios stehen im Programm des Musikfest Berlin die Filmstudios der kasachischen Hauptstadt Alma-Ata gegenüber. Hier schufen der Regisseur Sergej Eisenstein und der Komponist Sergej Prokofjew das Gesamtkunstwerk „Iwan Grosny“. Es ist Eisensteins letzter Film, den er kurz nach seiner Inszenierung von Wagners „Walküre“ in Moskau in zwei Teilen realisierte. Der erste Teil, der den Aufstieg des ersten russischen Zaren erzählt, wurde von Stalin mit Preisen ausgezeichnet, der zweite Teil, der die Schatten und die Gräuel der Macht zeigt, sofort verboten. Im Rahmen des Musikfest Berlin 2016 wird das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin mit Dirigent Frank Strobel anlässlich des 125. Geburtstages von Sergej Prokofjew zum ersten Mal beide Teile im Original und live mit der neu rekonstruierten Musik Sergej Prokofjews aufführen. Die deutsche Erstaufführung der Produktion „No More Masterpieces“ der niederländischen Gruppe 33 1/3 Collective mit dem Ensemble intercontemporain ist ein weiterer Beitrag im Festivalprogramm, der Musik und Film verbindet.
KAMMERMUSIK | FERRUCCIO BUSONI | PIERRE BOULEZ | LUIGI NONO
Am 2. September, dem Vorabend der Festivaleröffnung, wird die Geigerin Isabelle Faust das von Luigi Nono für den Kammermusiksaal der Philharmonie 1988 komponierte Werk „La lontananza nostalgica utopica futura“ von Luigi Nono aufführen. Das GrauSchumacher Piano Duo präsentiert „Le temps, mode d‘emploi“ für zwei Klaviere und Elektronik von Philippe Manoury. Das Duo hat einen zweiten Auftritt im Festivalprogramm mit einer Ferruccio Busoni gewidmeten Matinee, die anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin, der Staatsbibliothek zu Berlin und des Staatlichen Instituts für Musikforschung zu Busonis 150. Geburtstag stattfindet. Dem im vergangenen Januar verstorbenen Pierre Boulez widmen die Pianist*innen Pierre-Laurent Aimard und Tamara Stefanovich einen Abend mit dem Gesamtwerk für Klavier solo des Komponisten, und dem Zweiten Buch der „Structures“ für zwei Klaviere. Drei weitere Kammermusikbeiträge finden sich im Festivalprogramm: The Danish String Quartet mit Musik von Per Nørgård, Schostakowitsch und Beethoven, das Szymanowski Quartett mit einer Hommage an Artur Schnabel mit Udo Samel, dem Bariton Dietrich Henschel und Pianisten Markus Pawlik, schließlich das IPPNW-Benefizkonzert mit dem Artemis Quartett und weiteren Solisten zugunsten des Vereins „MitMachMusik – ein Weg zur Integration von Flüchtlingskindern“.
KONZERTE DER BERLINER KLANGKÖRPER | SOLIST*INNEN
Zahrleiche weitere internationale Instrumentalsolist*innen und Sänger*innen sind beim Musikfest Berlin 2016 auch in den Konzerten der Berliner Orchester zu erleben: Im Oratorium „The Dream of Gerontius“ von Edward Elgar treten mit derStaatskapelle Berlin unter der Leitung von Daniel Barenboim, mit dem Staatsopernchor und dem RIAS Kammerchor als Solist*innen Sarah Connolly, Jonas Kaufmann und Thomas Hampson auf. Bei der konzertanten Aufführung des I. Aktes der „Walküre“ von Richard Wagner mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin und Donald Runnicles singen Anja Harteros, Peter Seiffert und Georg Zeppenfeld. Martin Grubinger präsentiert mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und Jakub Hrůša die deutsche Erstaufführung von Olga Neuwirths neuem Konzert für Schlagzeug und Orchester. Julia Fischer spielt Henzes Violinkonzert „Il Vitalino raddoppiato“ mit dem Konzerthausorchester Berlin unter der Leitung von Iván Fischer. Frank Peter Zimmermann bringt mit dem Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung von Kirill Petrenko Bartóks Violinkonzert zur Aufführung. Leila Josefowicz ist Solistin in der Dramatischen Symphonie „Scheherazade.2“ von John Adams. Die Berliner Philharmoniker werden vom Komponisten erstmals persönlich geleitet. Schließlich interpretiert der junge finnische Geiger Pekka Kuusisto György Ligetis Violinkonzert mit der Jungen Deutschen Philharmonie unter der Leitung von Jonathan Nott.
MATTHIAS PINTSCHER | ENNO POPPE | REBECCA SAUNDERS
Die Werke von Komponist*innen der jüngeren Generation, die neben Philippe Manoury und Olga Neuwirth mehr und mehr auf den Bühnen der großen internationalen Konzerthäuser präsent sind, fokussiert das Musikfest Berlin in den Veranstaltungen mit dem Ensemble intercontemporain und seinem Chefdirigenten Matthias Pintscher und des Ensemble Resonanz mit Tabea Zimmermann, das Kompositionen von Rebecca Saunders und Enno Poppe mit Werken von Franz Schubert verbindet.