Trauer um Kurt Masur Kapellmeister der Verständigung
Musikwelt und Politik trauern um den Dirigenten Kurt Masur, der am Samstag im Alter von 88 Jahren starb. Er prägte Orchester in Leipzig, New York und Paris, unvergessen ist sein Einsatz für die friedliche Revolution in den letzten Monaten der DDR.
Die Musikwelt trauert um Kurt Masur; die Politik würdigt sein gesellschaftliches Engagement und seine Verdienste für die „deutsche Revolution“ der Jahre 1989/90. Masur, der über mehrere Jahrzehnte hinweg Leipziger Gewandhauskapellmeister gewesen war, starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 88 Jahren in einem Krankenhaus in Greenwich im amerikanischen Bundesstaat Connecticut. Der Musiker hatte seit Jahren an der Parkinson-Krankheit gelitten.
Masur, am 18. Juli 1927 in Brieg (Schlesien) geboren, wurde nach Engagements unter anderem in Halle, Erfurt und Dresden 1970 als Gewandhauskapellmeister nach Leipzig berufen. Er stand damit in einer Reihe mit Vorgängern wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Arthur Nikisch, Wilhelm Furtwängler und Bruno Walter.
Einer der besten Kulturbotschafter
Masur avancierte zu einem der wichtigsten Dirigenten in der DDR. Er hatte wesentlichen Anteil am Bau des 1981 eröffneten Neuen Gewandhauses, des einzigen Konzerthaus-Neubaus in der DDR. „Er hat unser Gewandhausorchester und das Gewandhaus geprägt wie kein Zweiter. Wir sind ihm alle zu tiefstem Dank verpflichtet“, erklärte Gewandhausdirektor Andreas Schulz.
Von großer Bedeutung war seine Rolle in der friedlichen Revolution von 1989/90: Masur gehörte am 9. Oktober 1989 zu den Unterzeichnern des „Aufrufs der Leipziger 6“ zur Gewaltlosigkeit bei der entscheidenden Montagsdemonstration, den er auch verlas. Im Jahr 1993 war Masur sogar für das Amt des Bundespräsidenten ins Gespräch gebracht worden. Staatsoberhaupt Joachim Gauck kondolierte Masurs Frau, Tomoko Sakurai-Masur, in einem Schreiben: „Wir trauern um einen brillanten Musiker, einen großen Humanisten und einen engagierten Kosmopoliten.“ Zudem würdigte Gauck Masur für seine Rolle während der Wendezeit. „Viele Menschen werden niemals vergessen, wie er sich im Herbst 1989 für grundlegende Veränderungen in der DDR, für die Freiheit der Menschen und die Demokratie eingesetzt hat.“
Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: „Er war ein großer Künstler, der in der Musik stets die Botschaft von Menschlichkeit und Verständigung suchte und fand.“ Der Dirigent, der von 1970 bis 1996 Kapellmeister in Leipzig gewesen war, gehörte im Herbst 1989 zu den Unterzeichnern des Aufrufes „Keine Gewalt“. Darin wurden Montagsdemonstranten und Staatsgewalt zum Dialog aufgefordert. Bis zu seinem Tod war er Ehrendirigent in Leipzig. „Wir verlieren ein musikalisches Genie, einen faszinierenden Dirigenten von erstem Weltrang und einen großen Humanisten“, erklärte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung.
Ein geradliniger Musiker
Kulturstaatsministerin Monika Grütters erklärte, mit Masur verliere Deutschland einen der besten Kulturbotschafter, der auf der ganzen Welt als großer Maestro geschätzt worden sei. Vizekanzler Sigmar Gabriel schrieb bei Twitter, Masurs Verdienste um die klassische Musik und sein Beitrag zur friedlichen Revolution würden nicht in Vergessenheit geraten.
Der Präsident der New Yorker Philharmoniker, Matthew VanBesien, sagte, Masurs Tod habe „tiefste Trauer“ ausgelöst. In seiner Zeit bei dem Orchester habe er ein Vermächtnis gesetzt, das bis heute fortbestehe. Masurs elfjähriges Wirken in New York sei eine der längsten Schaffenszeiten in der Geschichte der Philharmonie gewesen. Der Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker, Alan Gilbert, ergänzte bei Twitter: „Danke für alles, was du für New York City getan hast.“
Auch die Berliner Philharmoniker zeigten ihre Trauer. Ulrich Knörzer, Mitglied des Orchestervorstands der Berliner Philharmoniker erklärte „Kurt Masur (war) eine eindrucksvolle Verkörperung der Kapellmeistertradition: ein geradliniger Musiker, der sich von entschiedenen künstlerischen und humanistischen Überzeugungen leiten ließ.“
Die Parkinson-Krankheit hatte Masur zuletzt schwer zu schaffen gemacht. Im Frühjahr 2012 brach er sich bei einem Auftritt in Paris das Schulterblatt. Ein Jahr später stürzte er in Tel Aviv und brach sich die Hüfte.
Masur wurde 1927 im niederschlesischen Brieg geboren. Im Laufe seiner Karriere machte er laut seiner Website mehr als hundert Aufnahmen mit etlichen Orchestern. Masur lebte zuletzt in dem Ort Harrison im Bundesstaat New York, nahe der Grenze zu Connecticut. Die Beisetzung soll nach Angaben der New Yorker Philharmoniker im privaten Kreis erfolgen. Zudem soll es später eine öffentliche Gedenkveranstaltung geben. An seiner langjährigen Wirkungsstätte, dem Leipziger Gewandhaus, soll am Montag ein öffentliches Kondolenzbuch ausgelegt werden.