Picasso in Ost und West

Julia Friedrich betreut die große Picasso Sammlung im Museum Ludwig Köln und ist Kuratorin der aktuellen Sonderausstellung „Der geteilte Picasso“. Die Ausstellung zeigt Picasso, wie seine Kunst im geteilten Nachkriegs-Deutschlands unterschiedlich bewertet wurde: Die DDR ehrte ihn als Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs und fokussierte sich anfangs auf seine politischen Werke, die Bundesrepublik betonte seine künstlerischen Leistungen als unpolitisch.

Herausfordernde Ausstellung

Die Ausstellung fordert den Betrachter heraus, sich durch die Flut von Informationen und Gegenüberstellungen durchzuarbeiten. Es heißt „…Für ein knappes Viertel des Jahres stehen Information und Dialektik im Vordergrund, und d. h.: die Originale werden keineswegs in eine ihnen angemessenen Weise behandelt. Es geht für die Dauer der Ausstellung nicht, wie in den übrigen Monaten, in erster Linie um das ästhetische Erleben, sondern um verstehen, erkennen und sogar lernen. Das Sehen der Bilder wird-vorübergehend-durch das Lesen begleitet, und d. h. durchaus: es wird keineswegs nur gefördert, sondern auch behindert…“.
Berthold Brecht in Ost-Berlin bittet den „Lieben Genosse Picasso“ „…das herrliche Tuch, dass sie für die Weltjugendfestspiele geschaffen haben, zur Werbung vor allem an der Universität Westberlins, verwenden zu dürfen“ und unterschreibt „mit sozialistischen Gruß Ihr Brecht“. Die Picasso Taube ziert längst als Friedenssymbol den Vorhang des Brecht-Theaters am Schiffbauerdamm.

„Guernica“, Picasso, Foto: gab

Im Februar 1954 schreibt das Auswärtige Amt an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultur in München in Bezug auf eine geplante Picasso Ausstellung „…dürfte es sich unter Umständen doch empfehlen, eine gewisse Vorsicht bei dieser Veranstaltung zu beobachten und bei der Auswahl der einzelnen Weltwerke solche Bilder vor zu lassen, die politischen Charakter haben („Friedenstaube“) und möglicher Weise Anlass zu politischen Manifestationen geben könnten.“

„Massaker in Korea”, Picasso, Foto: gab

Gemälde wie „Massaker in Korea“ von 1951 oder „Guernica“ erklärte Werner Schmalenbach, Direktor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, als „Ausnahme“. Die Dokumente schaffen Zusammenhänge, erklären Situationen und politische Umstände jeweils in den beiden unterschiedlichen Teilen Deutschlands.

 

Sammlung Ludwig

Das Sammlerehepaar Irene und Peter Ludwig nutzten die Kunst als verbindendes Element zwischen Ost und West.

Willi Sitte, Im Leichtmetallwerk, Leihgabe Stiftung Irene und Peter Ludwig,

Ludwig erwarb bedeutende Werke aus der DDR und 1977 stellte er der Nationalgalerie der DDR Teile ihrer Kunstsammlung zur Verfügung, darunter einige Werke von Picasso. Sie waren bis 1990 im alten Museum im Ost Berlin zu sehen und vermittelten durch neue Sichtweisen für die Betrachter auch auf Picasso. Das Ehepaar hätte seine Dauerleihgabe dem alten Museum geschenkt, doch es scheiterten die Verhandlungen an der Zusammenführung der Ost und Westbestände der Nationalgalerie nach 1989, heißt es in der Ausstellung. Auch das ein spannendes Thema.
Die besondere Ausstellunggestaltung von Eran Schaerf verbindet 40 Picasso-Originale, darunter einige internationale Leihgaben, große Wandreproduktionen, Briefe, O-Töne und den extra für die Ausstellung produzierten Film von Peter Nestler über Picassos „Krieg und Frieden“. Eine Ausstellung, die Picasso in einem völlig neuen Kontext zeigt. Sehenswert.

„Der geteilte Picasso“, Museum Ludwig, Köln
Bis 30. Januar 2022;
Di. – So. 10-20 Uhr;
Es gelten die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen.

 Artiklfoto: Friedenstaube von Picasso auf dem Vorhang des Brecht-Theaters Berlin, Foto: gab