Ihr Buch liest sich jetzt anders als die vorhergehenden. In „Wer nicht kämpft, hat schon verloren“ oder in „Das Gift des Politischen. Gedanken und Erinnerungen.“ beschreibt Rita Süssmuth ihre Erfahrungen während ihrer politischen Arbeit.
In ihrem aktuellen Buch „Überlasst die Welt nicht den Wahnsinnigen“ wird die mehrfach mit der Ehrendoktorwürde geehrte und mit unzähligen Preisen, Orden und Medaillen ausgezeichnete Politikerin ganz persönlich.
„Ein Brief an die Enkel“ tituliert die Subheadline des Buches „Überlasst die WElt nicht den Wahsinnigen“.
Sicher, sie adressierte dieses Buch an ihre eigenen fünf Enkel, aber auch an die gesamte Enkelgeneration, „…an alle jüngeren Menschen unserer Gesellschaft“.
Rita Süssmuth – Frau des politischen Fortschritts
Es sind ihre Erfahrungen als Hochschullehrerin im Bildungsbereich, als Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit oder als Bundestagspräsidentin, als Kämpferin für die Gleichberechtigung, gegen AIDS und für Europa, um nur einige Schwerpunkte ihrer Arbeit zu nennen. Und aus all diesen Bereichen bereichert sie die Leser*innen nicht mit profanen Ratschlägen, bei denen dann möglicherweise früher oder später auch Enkel weghören. Nein, sie macht Mut sich treu zu bleiben, Dinge, Entscheidungen und auch Strukturen zu hinterfragen, ein konstruktives „Dennoch“ einzubringen.
„Es (Dennoch) steht für die Weigerung, sich mit den Zuständen abfinden zu sollen, weil sie angeblich so sein müssen.“ Sie analysiert und begründet, setzt auf persönliches Können, auf die Gemeinschaft und Menschlichkeit, auf Mut für Veränderung. Benennt Enttäuschungen, Widerstände und Rückschläge. „Trotzdem gilt die Parole: weitermachen“…. „Und die Bitte: Werdet Menschen, die den Versuch ehren – und nicht in Angst vor dem Scheitern versinken.“ Wer Rita Süssmuth noch als Politikerin kennt, schätzte ihre Offenheit, ihre Ehrlichkeit und Direktheit. „Macht den Mund auf“, rät sie den Enkeln. „Wer schweigt, wird irgendwann von den Krakeelern übertönt“. Und „Wer schweigt, stimmt zu. Zu Unrecht, Hass, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit“.
Die Kraft des Humors
Und woher die Kraft, die Energie nehmen, zum Dennoch, zu Veränderungen. Für Rita Süssmuth ist es die “Die Kraft des Humors, die Kraft des Lachens, die Kraft der Paradoxie“. Für sie vermeidet Humor Verbissenheit, bringt Leichtigkeit in die Situation. Sie zitiert Christoph Lichtenberg: „Es ist nicht gesagt, das es besser wird, wenn es anders wird; wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden.“
„Überlasst die Welt nicht die Wahnsinnigen“ ist keineswegs nur ein gut gemeintes Ratgeberbuch, das sich soeben erliest. Es fordert auf zum Nachdenken, zum Reflektieren, im persönlichen Gespräch zu bleiben, untereinander aber auch in der Gesellschaft und Politik, trotz neuer Kommunikationsmittel.
Das Buch ist logischen und nachvollziehbar aufgebaut, verständlich geschrieben, überfordert auch in seiner Länge nicht.
„So wie Ihr wagen solltet, zu wissen, so wagt bitte auch zu handeln,“ empfiehlt Rita Süssmuth.
Schon auf Grund des Buchtitels und dieser Anregung sollte dieses Buch 2020 unter jedem Weihnachtsbaum liegen,
Rita Süssmuth
Überlasst die Welt nicht die Wahnsinnigen – Ein Brief an die Enkel
Bene-Verlag, München 2020, ISBN 978-3-96340-136-7, 107 Seiten
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