Thalia Theater im September

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Liberté, Égalité, Fraternité – die Forderungen der französischen Revolution bleiben bis heute uneingelöst. Im Gegenteil verschärfen sich die sozialen Gegensätze zunehmend: Laut eines Oxfam-Berichts dieses Jahres wird das reichste Prozent der Weltbevölkerung im Jahr 2016 erstmalig mehr Vermögen angehäuft haben, als die restlichen 99 Prozent zusammen. Das Thalia Theater macht die Frage nach den Werten der Aufklärung in einem immer schnelleren kapitalistischen Kreislauf zum Leitthema der Spielzeit 2015/2016.

Ausgerechnet mit einer kapitalismuskritischen Oper landete Bertolt Brecht mit gerade 30 Jahren einen Überraschungshit. Thalia-Hausregisseur Antú Romero Nunes eröffnet am 12. September mit der Dreigroschenoper die Spielzeit im Thalia Theater – bereits in „Don Giovanni. Letzte Party“ hat Nunes seine Vorliebe für das Genre unter Beweis gestellt. Die Rolle des Mackie Messer ist für den 25-jährigen Sven Schelker, der auf der diesjährigen Berlinale für seine Rolle im Homosexuellen-Drama „Der Kreis“ gefeiert wurde, seine erste Hauptrolle auf der großen Bühne.

Im Thalia in der Gaußstraße wird die Saison am 13. September mit dem neuesten Stück des schwedischen Nachwuchsautors Jonas Hassen Khemiri („Invasion!“, „Ich rufe meine Brüder“) eröffnet. In ≈[ungefähr gleich] stellt er die Frage nach Wert und Werten in aktuellen ökonomischen Verhältnissen: Akademiker in prekären Beschäftigungsverhältnissen, gewiefte Bettler und verzweifelte Arbeitslose treffen aufeinander, inszeniert von Anne Lenk („Räuberhände“, „Winterreise“).

Am 26. September feiert die Auftaktinszenierung eines auf drei Jahre angelegten Zola-Projekts von Luk Perceval, der den Bogen über neun der 20 Romane der Rougon-Macquart-Serie spannt, im Thalia Theater seine Uraufführung: Liebe. Trilogie meiner Familie 1, eine Koproduktion mit der Ruhrtriennale, verbindet ein weitverzweigtes Familienepos mit einer minutiösen Beschreibung der Geburt des modernen Kapitalismus, die auch heute noch brandaktuell ist.

Außerdem findet am 19. September ein ganz besonderes Herzzentrum statt: Navid Kermani, der dieses Jahr den Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen bekommt, wird mit 30 SchauspielerInnen in der Centrum Moschee St. Georg sein neues Buch „Ungläubiges Staunen. Über das Christentum“ in szenischen Lesungen in den Gebetsräumen der Moschee vorstellen.